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Das Kind ist nie verantwortlich

Freitag, 9. März 2012

Wie können Lehrer und Schüler optimal miteinander kommunizieren? Mit dieser Frage setzte sich das Netzwerk Gute Schule Thurgau in Weinfelden auseinander.

CHRISTOF LAMPART

WEINFELDEN. An ihrem Treffen gingen die «Netzwerker» im Weinfelder Thomas-Bornhauser-Schulhaus der Frage nach, wie es den Lehrkräften gelingen könnte, noch besser mit den Kindern zu kommunizieren und somit auch zugleich die Persönlichkeit der Mädchen und Buben zu stärken. Im Mittelpunkt stand – nebst einigen anschliessenden Workshops – ein Impulsreferat von Daniel Hunziker; seines Zeichens Schulentwickler, Bildungscoach und Leiter des Kompetenzraster-Netzwerkes.

Soziale Prägung entscheidet

Daniel Hunziker zeigte auf, dass die Zahl der Emotionen, die ein Mensch gegen aussen ausdrücke, im Verlaufe des Lebens abnehme. Fange ein Baby oft schon nur deshalb an zu weinen, weil es ein anderes Baby weinen höre, so balle der Heranwachsende immer öfters «die Faust im Sack». Dieses Unvermögen, Emotionen auszudrücken könne so weit führen, dass manche Erwachsene gar nicht mehr weinen könnten, selbst wenn ihnen danach sei. Wie sich ein Mensch entwickle, hänge jedoch entschieden von der familiären und schulischen Prägung ab. Wachse er in einem Umfeld auf, wo die menschliche Beziehung und nicht das Erreichen von (Lern-)Zielen im Vordergrund stehe, so könne das Kind nachhaltig seine eigene positive Identität entwickeln und zu einer eigenen, persönlichkeitsfördernden Kommunikation finden. Das seien dann die Kinder, so Hunziker, die für sich selbst Entscheide fällen könnten und initiativ seien.

Nicht auf Lernziele ausgerichtet

Bis zum Übertritt in die Oberstufe seien Kinder primär stets auf der Suche nach einer Beziehung zu anderen Menschen – und nicht auf irgendwelche Lernziele ausgerichtet. Dieses, auf ein langfristiges Ziel ausgerichtete Erziehungskonzept stehe diametral der bis anhin erlebten Beziehungskultur gegenüber, welche im gelebten Moment wurzelt. Umso wichtiger sei nun, dass man als Erwachsener immer beides im Blick habe: das (schulische) Wachsen und das Aufgehobensein des Kindes als Menschen.

Authentisch sein

«Wir müssen im Umgang mit den Schülerinnen und Schülern unbedingt deren Integrität schützen. Wenn sie das spüren, dann kooperieren sie auch mit uns Lehrern», betonte Hunziker. Die Verantwortung für eine Beziehung zwischen dem Kind und dem Erwachsenen trage immer der Erwachsene und niemals das Kind. «Nehmen Sie wahr, was das Kind braucht und setzen Sie nicht einfach irgendwelche Ziele. Wenn Sie so eine Beziehung zu ihren Schülern leben können, dann sind Sie, sind die Kinder authentisch. Und das kommt schliesslich allen, der ganzen Schule, der ganzen Gesellschaft, zugute», so Hunziker.