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"Das Ende vom Anfang": Ein Hoch auf die Hausarbeit

Dienstag, 31. Januar 2012

Ein Paar, das vor den Trümmern seiner materiellen Existenz steht und sich doch dabei wieder findet – was gibt es Schöneres? Wer sehen will, wie das geht, dem sei der Besuch der O’Casey-Farce „Das Ende vom Anfang“ empfohlen, welche im Theater für den Kanton Zürich Premiere feierte.

CHRISTOF LAMPART

Es gibt Stücke, bei denen weiss man im Grunde genommen schon nach zwei Minuten, wie sie enden werden, ohne auch nur eine Zeile des Programmheftes gelesen zu haben. Und dennoch steht man nicht auf und verschwindet desillusioniert, sondern bleibt wie gebannt auf seinem Platz sitzen und harrt der Dinge, bzw. dem Desaster, auf welches das Geschehen  unaufhaltsam hin steuert. Von dieser selbstzerstörerischen Natur ist auch die 1937 von Sean O’Casey geschriebene, einaktige Farce “Das Ende vom Anfang“, welche am Donnerstag im Theater für den Kanton Zürich Premiere feierte. 

„Tierisch“ auf dem Tiefpunkt

Das Ende offenbart sich einem in der Inszenierung von  Felix Prader schon zu Beginn. Denn die „gute Stube“ das alten Bauern-Ehepaares Berrill ist nämlich sozusagen inexistent. Zwei  klapprige Seitenwände und eine Rückwand, alles billig mit beige-grauen Packpapier bespannt - das ist alles. Da ist zu Beginn nichts, was das Auge des Besuchers irgendwie erfreuen könnte. Das Ganze sieht wie ein schlechter Rohbau einer Laienbühne aus. Überall sieht man, wo die Klappen (keine Türen!) für das Hindurchreichen der Requisiten und das Auf- und Abtreten der Protagonisten Darry Berrill (Andreas Storm), Barrry Derrill (Stefan Lahr) und Lizzie Berrill (Silke Geertz) angebracht sind. So huschen Katzen und Hunde durchs Gemäuer – aber doch nicht Menschen, fährt es da einem durch den Kopf. Oder vielleicht doch? Denn die Beziehung zwischen Lizzie und Darry ist zu Beginn „tierisch“ auf dem Tiefpunkt. Während sie den ganzen Haushalt erledigt und die Tiere versorgt, mäht der alte Herumtreiber gerade einmal ein bisschen die Wiese – wenn er denn gerade Lust dazu hat. Da kann es nicht gut gehen, wenn er ihr sozusagen im Vorbeigehen erklärt, dass „das bisschen Haushalt“  er ja wohl auch mit Links erledigen würde. Es kommt wie es kommen muss: Lizzie trägt dem notorischen Nörgler auf, den Haushalt zu erledigen, während sie die Wiese mäht. Und das geht nicht gut, zumal auch noch der kurzsichtige Nachbar „zu Hilfe“ kommt, was am Ende im Totalabriss des Heimes mündet.

Alleine geht’s nicht

Doch wie wurde das umgesetzt? Eigentlich ganz interessant. Die leere Bühne gab den Schauspielern die Gelegenheit, ihr ganzes beachtliches  Slapstick-Talent unter Beweis zu stellen, wenn das Hühnerfutter verschüttet, das Geschirr zerbrochen, die Fingerkuppen fast abgesäbelt und die Kuh am Kamin festgebunden wird. Dass jede „Lösung“  das Ganze nur verschlimmert, versteht sich von selbst. Kurzum: die „Masters of Desaster“ nahmen die Steilvorlage Praders an und verwandelten eiskalt die Bühne ins Schlachtfeld.  Kein Wunder, fühlt sich das Publikum in diesen kurzweiligen 70 Minuten, gemäss dem Motto, nachdem die Schadenfreude ja bekanntlich die schönste aller Freuden sein soll,  bestens unterhalten.  Nie stellt sich hier einem die Frage, ob die Katastrophe vermieden werden kann, sondern nur, ob sie schlimmer ausfallen könnte als man denkt. Und doch ist das Ende tröstlich. Denn am Ende bleibt allen – auch im Scheitern – nur eine tröstliche Erkenntnis: alleine kann man die Tücken des Alltages nie meistern.  Und auch eine Katastrophe lässt sich zu zweit immer „besser“ herbeiführen.