Aktuell

<  zurück zur Übersicht

Chris von Rohr: «Erfolg macht nachlässig»

Donnerstag, 9. Juli 2015

WEINFELDEN. Äusserlich ein Rocker, innerlich ein Wertkonservativer – so präsentierte sich Krokus-Gründer Chris von Rohr am Dienstagabend bei der Erfa in Weinfelden. CHRISTOF LAMPART

Gut 120 Personen kamen, um zuzuhören, was der 64jährige Solothurner mehr über die Welt und weniger über Gott dachte. Die Musik kam im Talk mit Bernhard Spirig am Anlass der Erfa Weinfelden kaum zur Sprache, dafür aber allerlei Autobiographisches. Auch übers Thema Politik äusserte sich der Künstler. Er sei schon entsetzt, wie sehr der Parlamentsbetrieb in Bern auf persönlichen Machterhalt und weniger aufs Volkswohl ausgerichtet sei. Besonders die Linken würden viel lafern und wenig liefern und in der Gesellschaft eine schädliche Gleichmacherei anstreben.

Für Chris von Rohr, der sich als Perfektionist bezeichnet, entweder etwas richtig macht oder es gleich sein lässt, ist eine solche Einstellung ein Graus – und das sagt er auch geradeheraus. «Ich habe in meinem Leben schon so viel erlebt, dass ich auch etwas zu sagen habe. Dass damit nicht alle klarkommen, ist mir egal.» Jedermanns Liebling, wie es beispielsweise Roger Federer sei, habe er nie sein wollen.

Solothurn als guter Nährboden

Dass er mit der Band Krokus in den 1980er-Jahren den internationalen Durchbruch geschafft habe, führt er auch auf seinen Herkunftsort Solothurn zurück. «Aus dieser trümmligen Atmosphäre am Jurasüdfuss musste man einfach versuchen auszubrechen. Wären wir in Zürich entstanden – ich bin sicher, dass wir nie so reüssiert hätten.» Obwohl von Rohr in einer gutbürgerlichen Familie aufwuchs, die ihm viel Halt gab, bezeichnet er die Zeit bis zum 20. Lebensjahr als «meine graue Zeit». Mit der Schule konnte er nichts anfangen, doch von seinem Kapitel als Koch in einer Genossenschaftsbeiz profitiere er bis heute: «Den Frauen macht es Eindruck, wenn ich für sie koche.»

Dass nach den grossen Erfolgen von Krokus sich die Band heillos zerstritt und zerbrach, führt von Rohr heute auf einen ganz normalen Hang des Menschen zurück: «Wenn man Erfolg hat, wird man nachlässig und macht die grössten Fehler; im Geschäft, mit dem Management oder im Umgang mit den anderen Bandmitgliedern.»

Neue Betätigungsfelder

Immerhin öffnete ihm die Krise die Chance, sich auf anderen Gebieten als Produzent, Buchautor oder Moderator zu profilieren. Er fand über diesen Umweg auch wieder die Freude an der eigenen Musik zurück. Nach einer Aussprache ist Krokus nun wieder gemeinsam auf Tour. Vor kurzem kamen die Rocker von einer US-Tour zurück. «Das ist wahnsinnig; da sind Leute 600 Kilometer gefahren, nur um unserem Konzert beizuwohnen.»