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Besser hören – und das ganz ohne Strom

Freitag, 14. Oktober 2011

Viele Menschen legen, wenn sie nicht mehr gut hören eine Hand so hinters Ohr, so dass sie dieses gegen störende Drittgeräusche abschirmen, wenn sie sich mit jemanden unterhalten. Die „Orette“, ein Hörgerät des Weinfelder Tüftlers Walter Ernst, greift diese Idee elegant und – vor allem - wirkungsvoll auf.

CHRISTOF LAMPART

Der 87-jährige Walter Ernst war schon immer ein von grosser Neugier getriebener Mensch. In den 1950-er Jahren arbeitete er unter anderem für die Uno in Afghanistan. Später beschäftigte er sich der Vegetarier zu Hause mit der Zucht von Walnuss- und Feigenbäumen, entwickelte einen Nussknacker, der die Nuss so knackt, dass der Kern ganz bleibt. Und schliesslich ging er auch das altersbedingte Probleme der Schwerhörigkeit, welches sich bei ihm vor gut zwei, drei Jahren hartnäckig bemerkbar machte, offensiv an. Indem er eben die „Orette“ erfand.

Eine Hörhilfe für Geniesser

Die „Orette“ ist, wie Ernst selbst betont, „keine medizinische Hörhilfe, aber eine Hörhilfe für Geniesser“. Für „Geniesser“ deshalb, weil die parabelförmigen Hartplastikschalen die Hörmuschel so erweitern, dass speziell im hohen Frequenzbereich der von vorne einfallende Nutzschall verstärkt wird. Das erleichtert zum Beispiel das Fernsehschauen oder das Lauschen eines Konzerts oder Vortrags enorm.

Dass Ernst überhaupt auf diese Idee kam, verdankt er aber nicht nur seinem wachen Geist, sondern in einem gehörigen Masse auch dem Zufall. „Sowohl meine Brüder als auch ich haben, als wir anfingen schlechter zu hören, normale Hörgeräte ausprobiert. Doch wir bekamen alle Kopfweh davon.“  Also sann er selbst auf eine Lösung. Er ging zum Baumarkt, kaufte einen Plastiktrichter, zerschnitt ihn in zwei Hälften, verband ihn mit einem Draht und stülpte sich diesen „Kopfhörer“ über. Das damit zufällig erzielte Ergebnis verblüffte ihn. „Ich konnte auf einmal problemlos Fernsehen schauen, auch wenn sich zeitgleich im selben Raum Leute unterhielten“, erinnert er sich. Auch das Musikmachen und –hören wurde „wieder zum Genuss“. Er ging mit seinen „Mickey Maus-Ohren“ in den Wald, um den Vögeln zu lauschen, trug sie im Theater und an Konzerten. Stets mit dem selben Resultat: „Ich hörte viel besser und bekam auch kein Kopfweh mehr.“ 

Helle Töne klingen besser

Es dauerte nicht lange, bis die Begeisterung für das neue Gerät vom Erfinder auf die eigene Familie und auf seine Freunde übersprang. Zusammen mit dem Designer Christophe Marchand verpasste er seiner abwaschbaren und schier unzerstörbaren Hörhilfe, die ganz ohne Batterien und Akku auskommt, ein modernes Aussehen. Dabei ist die „Orette“ weit mehr als „nur“ ein Lifestyle-Produkt. Wie Entwicklungsmessungen zeigten, welche bei der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) in Dübendorf, tritt bei hohen Frequenzen tatsächlich eine spürbare Verbesserung des akustischen Sinneseindrucks ein. Unabhängig vom individuellen Stand des Hörempfindes werden die hellen Töne durch das Tragen der „Orette“ wieder besser und differenzierter erlebt und störende Nebengeräusche von hinten etwas abgeschwächt.

Reines „Weinfelder“ Produkt 

Doch nicht nur die „Orette“-Idee stammt aus Weinfelden, sondern auch der Rest des Produktes. Die weltweit patentierte „Orette“ wird in einer Startauflage von 1‘000 Stück im  Kunststoffspritzwerk der Weinfelder „Sturo AG“, die hochwertige Kartonverpackung bei der „Model AG“ hergestellt. Kosten tut die schwarz und weiss erhältliche „Orette“ 54 Franken und kann unter www.orette.com im Internet bestellt werden.