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Bei diesem Trank bleibt kein „Tröpfel“ übrig

Dienstag, 29. März 2011

Es gibt sie auch im Thurgau: die kulinarischen Senkrechtstarter, die innert kürzester Zeit nicht nur eine Nische erfolgreich besetzen, sondern sich auch überregional einen guten Namen geschaffen haben. Zum Beispiel die Tröpfel GmbH in Mammern, welche alkoholfreie Schaumweine herstellt.

CHRISTOF LAMPART

Der Anfang war exotisch. „Ich habe vor einigen Jahren mal einen Ananas-Schaumwein probiert, der viel zu süss war. Aber ich dachte mir: da  müsste man doch etwas machen können“, erzählt Patricia Dähler-Kraus. Es war so um das Jahr 2004 herum, als sie anfing für sich ein wenig zu experimentieren. „Ich habe hinter der Theke Apfel- und Traubensaft gemischt und für mich die verschiedensten Varianten ausprobiert“, lacht Dähler, welche zusammen mit ihrem Mann  das Restaurant Klingenzellerhof in Mammern führt.

Thurgauer Mischung

Als dann am 1. Januar 2005 die Alkohol-Promillegrenze von 0.8 auf 0.5 Promille sank, bekam das Projekt neuen Auftrieb. „Wir haben bei uns einige Hochzeitsgesellschaften. Und diese wollten zum einen so früh am Tag nicht mehr so viel Alkohol trinken und zum anderen erhielt  ich immer öfters von Gästen die Rückmeldung, dass Orangensaft und Mineralwasser doch nicht so das Wahre in Sachen „alkoholfreie Alternative“ sei“, erzählt Dähler. Äpfel hatte sie für einen ersten Versuch genug – besass doch ihr Vater 150 Hochstammbäume. Jetzt fehlten nur noch die Trauben. Diese fand sie beim Vater von Esther Schaefer. Mehr noch:  Esther Schaefer erklärte sich nicht nur dazu bereit,  Trauben und  Kapital einzuschiessen, sondern brachte auch gleich noch den Namen mit: „Ich fand, dass das Getränk Tröpfel heissen sollte, weil es eben eine thurgauische Mischung aus „Truube“ und „Öpfel“ ist“, lacht  Esther Schaefer.

Sofort Feuer und Flamme

Vieles war alles in relativ kurzer Zeit geschehen, doch ein – grundlegendes -  Problem liess sich fast nicht lösen: Wer produziert den „Tröpfel“? Denn die Menge des ersten Jahrgangs – 900 Flaschen – war für die normalen Grossproduzenten viel zu gering. Schliesslich fanden sie ihn im Steckborner Othmar Lampert, welcher in seinem Keller noch eine alte Champagnerabfüllanlage stehen hatte. Lampert ist heute noch der Tröpfel-Produzent. „Er war sofort Feuer und Flamme für unser Projekt“, so Schaefer.  Wie es sich schnell einmal herausstellen sollte, reichten die 900 Flaschen nirgends hin und waren nach drei Monaten verkauft. Die 6500 Flaschen im zweiten Jahr fanden fast ebenso schnell ihre Käufer, so dass Schaefer und Dähler sich im dritten Jahr an 16500 Flaschen wagte. „Meinem Mann ging das fast ein wenig zu schnell und er dachte schon, dass wir Konkurs gehen würden“, erinnert sich Dähler.

Doch dem war mitnichten so. Der Absatz stieg und stieg – und ist mittlerweile bei deutlich über 20000 Flaschen im Jahr angelangt. Rund 70 unterschiedlichste Verkaufsstellen wie Lebensmittelgeschäfte oder Restaurants bieten mittlerweile den „Tröpfel“ alleine oder in Kombination mit eigenen Spezialitäten an. Auch die Ausweitung des Sortiments – neben den beiden „Weissen“ (demi-sec und brut) ist seit vergangenem Herbst auch ein Rosé im Programm, den „erstaunlich viele Männer sehr gerne trinken“, hat Dähler festgestellt. Und auch dieser scheint ein Verkaufsschlager zu werden. „Wenn wir den weiter so wie bis anhin absetzen, dann haben wir bald keinen mehr“, weiss Dähler mit Blick auf die „Tröpfel“-Reserven.

Bezug zur Region ist wichtig

Da die Nachfrage ungebremst steigt, sind die beiden „Tröpfel“-Erfinderinnen stets auf der Suche nach neuen Obstlieferanten. 15 Trauben- und vier Äpfelproduzenten werden es im nächsten Herbst sein. Dabei schauen die Macherinnen, dass sämtliche Früchte aus der weiteren Region Thurgau/Schaffhausen/Zürich kommen. Ein Bauer in Andelfingen pflanzte sogar extra für „Tröpfel“ Weinreben an. „Wir könnten auch Trauben aus Brasilien für einen Bruchteil von dem bekommen, was wir jetzt den Winzern zahlen; aber uns ist dies sehr wichtig, dass wir wissen, woher unsere Rohstoffe stammen“, so Schaefer. Diese Fokussierung auf Authentizität und Regionalität hat den  „Tröpfel“ mittlerweile zur bekannten Marke gemacht, so dass dieses Geschäft nicht mehr einfach so nebenbei laufen kann. „Wir arbeiten rund 50 Prozent für „Tröpfel“ und es wird von Jahr zu Jahr eigentlich mehr“, hat Dähler ausgerechnet. Und davon, dass der alkoholfreie Schaumwein eventuell die berufliche Existenz des Gatten gefährden könnte, kann schon lange nicht mehr die Rede sein.

 

Über 20 Apfelsorten

Frau Dähler, Frau Schaefer, gibt es so etwas wie ein Erfolgsrezept für den „Tröpfel“?

Schaefer: Wir setzen zum einen auf regionale Produkte und hatten am Anfang  auch das Glück, dass wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren. Und ausserdem ist da ja auch noch unsere Mischung – aber die ist unser Betriebsgeheimnis.

Aber ein wenig könnten Sie der „Thurgauer Zeitung“ ja schon verraten.

Dähler: „Also gut, wir haben über 20 Hochstamm-Apfelsorten in unserer Mischung. Als Trauben verwenden wir zu 90 bis 95 Prozent Riesling und den Rest Johanniter. Entscheidend für das Gelingen unseres Tröpfels ist, dass die Trauben komplett ausgereift sind und dann sofort verarbeitet werden. Mehr wird aber nicht verraten.“

Und was machen Sie, wenn es mal zu wenige Trauben oder auch mal eine Apfelsorte nicht gibt?

Dähler: Vor drei Jahren hat ein schlimmes Unwetter viele Trauben in unserer Region verhagelt. Das war für uns eine Katastrophe. Doch durch viele gute Kontakte konnten wir noch an Trauben gelangen. Aber einfach war diese Situation für uns nicht. Und was die Äpfel betrifft: so kann es durchaus mal vorkommen, dass einmal eine Apfelsorte nicht so viel vorhanden ist wie wir bräuchten. Dann müssen wir halt ein wenig experimentieren. Aber bis jetzt hat es immer geklappt.“

Gab es in den letzten Jahren grössere Veränderungen in der Produktion?

Schaefer: „Im Grunde genommen ist vieles gleich geblieben. Aber nachdem Othmar Lampert früher noch alle Etiketten selbst aufklebte, hat er sich, nachdem wir die 16500-Grenze überschritten hatten, eine neue Etikettieranlage zugetan. Denn während es früher reichte, wenn die Etiketten ungefähr alle an der gleichen Stelle waren, reicht dies bei Geschäften wie zum Beispiel dem „Volg“ nicht mehr.“