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Aufgeben kommt nicht in Frage

Mittwoch, 17. Dezember 2014

BISCHOFSZELL. Der Bischofszeller Heinz Etter hat bis anhin 30 Triathlon-Wettkämpfe in der Königsdisziplin, dem Ironman, bestritten. Nun stellte der 61-Jährige in Mexiko seine aussergewöhnliche Fitness abermals eindrücklich unter Beweis. CHRISTOF LAMPART

«Eine Blase tut nur im Moment weh, dann geht das wieder vorbei, und man macht weiter.» Heinz Etter weiss, wovon er spricht. Wer 30 Ironman-Wettbewerbe durchgestanden hat, gehört zur Elite unter den Ausnahmesportlern. Zäh wie Leder und ausdauernd wie jemand, der auch nach 20 Kilometer Dauerjoggen noch keinen Tropfen Schweiss vergossen hat – so stellt man sich diese harten Kerle vor. Und Heinz Etter ist genau so ein Typ. Kein Zwei-Meter-Mann und auch kein Bodybuilder, aber wer an ihm ein Gramm Fett zu viel auf den Rippen sucht, der sucht vergebens.

Etwas zu spät begonnen

Der Mann wirkt wie ein hagerer Dauerläufer – und er kommt auch vom Laufsport. Etter, der von sich selber sagt, dass er als junger Mann ein «guter Läufer, jedoch nicht ganz gut genug für die absolute Spitze» war, musste zuerst das Schwimmen «richtig lernen», bevor er vor 30 Jahren zu seinem ersten «Eisenmann» startete. Etter gehörte hierzulande zu den Pionieren, doch kam der Durchbruch des Triathlons einige Jahre zu spät für ihn, um auch bei den Aktiven ganz vorne mitmischen zu können. «Wer, wie ich, eigentlich erst mit 30 anfängt, hat gegen die 20-Jährigen keine Chance.» Etters Bestzeit liegt bei 9 Stunden und 52 Minuten. Das ist sehr gut, aber noch lange nicht top, denn der beste Schweizer, Ronnie Schildknecht, durchbrach im November 2011 am Ironman Florida in Panama City mit 7 Stunden, 59 Minuten und 42 Sekunden erstmals die Schallmauer von 8 Stunden. Der Weltrekord des Deutschen Andreas Raelert liegt seit dem Jahr 2011 bei 7 Stunden, 41 Minuten und 33 Sekunden.

Sehnsuchtsort Hawaii

Dafür mischte der «Sportler aus Leidenschaft» stets in seinen Alterskategorien ganz vorne mit. Immer mit dem Ziel im Kopf, erneut am Ironman auf Hawaii teilnehmen zu können. Und das ist beileibe keine Selbstverständlichkeit. Denn mitmachen kann dort nur, wer an einem der 31 auf der ganzen Welt ausgetragenen Ironman-Triathlons einen sogenannten Slot, einen bestimmten Spitzenplatz, erreicht. «In meiner Kategorie starten jeweils gegen rund 60 Personen, so dass man Erster oder Zweiter werden muss», erklärt der 61-Jährige. Sechsmal war Etter schon auf Hawaii beim Ironman.

Zur Erinnerung: Wer einen Ironman erfolgreich beendet – im Szenejargon heisst das «finished» –, hat 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen (also einen ganzen Marathon) in den müden Muskeln und steifen Knochen. Da kommt es schon einmal zu der eingangs erwähnten Blase am Fuss. «Dann rede ich mir ein, dass doch gar nichts geschehen ist und ich das meiste schon geschafft habe», erzählt der Routinier.

Etters nächstes Ziel ist der Ironman in Zürich am 19. Juli 2015, der im und um den Zürichsee herum stattfinden wird. Doch momentan steht dafür noch kein Training an. Im Gegenteil: Heinz Etter legt zurzeit ein wenig die Füsse hoch.

20 Stunden Training in der Woche? Nicht jetzt, denn der Athlet, der in einem Fitnesscenter in Uzwil arbeitet und dabei unter der Woche das Berufliche mit dem sportlich Nützlichen verbinden kann, ist erst vor kurzem aus der mexikanischen Triathlon-Hochburg Cozumel zurückgekehrt, wo er mit dem Ziel der Qualifikation für Hawaii angetreten war.

Der Wind als Spielverderber

Doch bei seinem Jubiläum, dem Ironman Mexico auf der Insel Cozumel, musste Etter die Zähne zusammenbeissen. Er stand sogar kurz vor der Aufgabe. Zwar ging das Schwimmen für seine Verhältnisse ziemlich gut, doch der Gegenwind auf der Radstrecke war «so brutal, dass ich vom Velo abgestiegen bin». Zuerst wollte Etter gar nicht mehr weitermachen, doch dann erwachte der Champion in ihm, und Etter pedalte weiter.

Die Minuten, die er so verloren hatte, waren zwar kaum entscheidend, aber da er im abschliessenden Marathon klar die Bestzeit in der Kategorie 60 bis 65 Jahre lief, hätte es vielleicht doch noch etwas mit dem Tagessieg werden können. So reichte es, wie 2013, zu Rang 3. Damals war ein Reifenschaden schuld, dass es nur Bronze wurde.

Nun also der starke Wind. Ob es ohne diesen besser gelaufen wäre, ist hypothetisch. Doch Etter trauert nicht lange einer verpassten Chance nach. «Das ist nun mal so im Sport. Mal geht alles ganz einfach, und ein anderes Mal quält man sich. Wenn Letzteres der Fall ist, muss man im Kopf einfach positiv und aufs Ziel fokussiert bleiben.»