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Anrüchiges aus sechs Jahrtausenden

Samstag, 2. Juli 2011

Ausstellungen, welche den Alltag des Menschen thematisieren, berühren einen ganz besonders. Dies ist auch bei der jüngsten Ausstellung des kantonalen Museums für Archäologie in Frauenfeld ersichtlich, trägt sie doch den vielsagenden Titel „eau & toilette“.

CHRISTOF LAMPART

Der Titel ist raffiniert gewählt, impliziert er doch nicht nur wie von alleine seinen Inhalt – nämlich die Entwicklung der Körperpflege auf dem heutigen Gebiet des Kantons Thurgau -, sondern verweist auch zugleich durchs Französische auf den zweiten Teil der Ausstellung hin. Denn dieser findet im Schloss Arenenberg statt, wo bekanntlich die Familie Bonaparte im 19. Jahrhundert zu Hause war.

Bonapartes Plumpsklo

Die  von Eva Belz gestaltete Ausstellung trägt im Untertitel die Zeitangabe „-3900 bis 2011+“ und umfasst somit einen Zeitraum von annähernd 6‘000 Jahren. Und genau das bekommen die Besucher auch anschaulich dargeboten, denn sie begeben sich auf eine Zeitreise, welche sie vom Birkenkaugummi und Rötel der Pfahlbauer über die Latrinen und Brunnen der Römer, den mondänen Boudoirs und anrüchigen Plumpsklos der Bonapartes bis hin zur heutigen High-Toilette mit Personenprogrammierung und temperierter Klobrille führt. Spannend ist die Ausstellung aber vor allem deswegen, weil sie klar Bezüge zum Alltag unserer Ahnen herstellen: die Wurmeier im gehärteten Kot eines Pfahlbaumenschen, die Überreste einer Laus in einem römischen Kamm, der „Duftbaum“-Strunk vom Anwesen der Bonapartes – es sind gerade diese Geschichten, welche Geschichte so lebendig erfahrbar machen.

Doch ein Geruch fehlt

Doch auf eines „müssen“ die Besucher verzichten. Denn obwohl sich die Ausstellung dazu anböte, um mit Gerüchen aller Art zu operieren, haben die Macher weitestgehend darauf verzichtet. Zwar „umschmeichelt“ einem im Bonaparte-Saal ein ebenso süsslicher wie aufdringlicher Himbeerduft, doch auf das entsprechende Gegenstück wurde „bewusst verzichtet“, wie Museumskonservator Urs Leuzinger schmunzelnd erklärte.

Während in Frauenfeld ein „Tour d’Horizon“ in Sachen Körperpflege geboten wird, ist zeitgleich im Schloss Arenenberg der zweite Teil  der Sonderausstellung unter dem Titel „Waschen, Kleiden, Duften…vom Barock bis zum Ende des 19. Jahrhunderts“ zu sehen.

Katalog und Rahmenprogramm

Zur Ausstellung ist ein gleichnamiger und informativer, 47 Seiten umfassender Katalog (15 Franken) erschienen. Auch bieten das Archäologie-Museum des Kanton Thurgau und das Schloss Arenenberg ein umfassendes Rahmenprogramm (www.archaeologie.tg.ch) an. Die öffentliche Vernissage findet heute Samstag um 16.30 Uhr statt.