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Am Tisch aus Krummholz

Freitag, 17. April 2015

Die St. Galler Schreinerei Koster wartet in ihren «Holzwelten» mit einer Weltneuheit auf. Der Familienbetrieb entwickelte ein Verfahren, um aus krummen Hölzern gerade Tische zu fertigen. CHRISTOF LAMPART

ST. GALLEN. Konventionelle Schreinereien kennen mit krummem Holz kein Pardon. Bedingt krummes Holz wird zwar noch zurecht gesägt, zu Krummes jedoch zu Sägemehl oder Pellets verarbeitet. Dadurch geht jedoch wertvolles, seltenes Holz verloren. Zwar bilden Bäume in der Schweiz nach wie vor den am schnellsten nachwachsenden Rohstoff mit einer grossen Wertschöpfung. Doch die schönen, geraden Baumstämme edler Harthölzer, die sich jeder Schreiner zur Verarbeitung wünscht, werden immer rarer.

Gehütetes Betriebsgeheimnis

Deshalb beschloss die Koster AG aus St. Gallen-Winkeln vor zweieinhalb Jahren, zusammen mit Softwarespezialisten und Maschinenbauingenieuren das Projekt «bogengut» zu lancieren. Knackpunkt dabei war die Vermessung einer geometrisch nicht geraden Linie in den krummen Brettern. Einmal exakt berechnet und vermessen, werden die Bretter im Produktionsbetrieb in Waldstatt krumm zurecht geschnitten und die Teile dann so exakt ineinander verfugt, dass die Tischfläche wie ein einziges Brett aussieht, obwohl sie aus schrägen Stücken kunstvoll zusammengesetzt wurde.

Die Frage nach dem Olivenbaum

So ist jeder Tisch ein Unikat. Die genaue Fertigung bleibt ein gut gehütetes Betriebsgeheimnis, denn «unseres Wissens nach sind wir mit dieser Innovation im Holzsektor global einmalig», sagt Geschäftsführer Jakob Koster.

Die erste Resonanz an Fachmessen war sehr positiv – zumal nicht nur die Palette der zu verarbeitenden Hölzer fast unendlich ist, sondern auch die Tischformen. Von urwüchsig, wild und gebogen bis hin zum konventionellen Rechteck ist alles möglich. Allen Varianten ist eigen, dass die spiegelglatte und auf Wunsch geölte Tischplatte sich aus mehreren Einzelstücken zusammensetzt. «Ich wurde schon oft gefragt, wo wir denn einen Olivenbaum gefunden haben, der so einen Durchmesser hatte», sagt Tobias Koster lachend, der Produktmanager von «bogengut».

«Viel versprechende Nische»

Die Antwort ist einfach: gar nicht, denn die Platte setzt sich zusammen aus drei nichtgeometrischen Teilen – man sieht es aber mit blossem Auge nicht, weil die Bretter in einer unförmigen Fuge perfekt verleimt sind.

Die eigentliche «bogengut»-Produktion hat erst vor wenigen Wochen begonnen. Acht Tische sind bereits verkauft, weitere 40 bis 50 Tische werden fürs erste Jahr anvisiert. «Wir wollen die Linie langsam, aber stetig ausbauen und uns für die Zukunft eine vielversprechende Nische sichern», sagt Jakob Koster.

«Es wird sich auszahlen»

Dass dies klappen könnte, davon zeigt sich der Schreinermeister felsenfest überzeugt. «Klar haben wir jetzt etwas gewagt, aber ich bin sicher, dass es sich auszahlen wird, denn bereits nach dem Besuch der ersten Messe kamen drei Bestellungen herein», sagt Koster. Die Lieferfrist für einen «bogengut»-Tisch beträgt einen bis zwei Monate.