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"Altes Handwerk" in Wigoltingen: Nicht lange her und doch weit weg

Montag, 17. Oktober 2011

Mit „Altes Handwerk“ zeigt der Museumsverein Wigoltingen für Kultur und Geschichte seit gestern Sonntag eine Ausstellung, die vieles in Erinnerung ruft, was vor wenigen Generationen für viele noch selbstverständlich war.

CHRISTOF LAMPART

Nein, Kurt Isenring, Jahrgang 1923,  hat nie das Küferhandwerk gelernt. Doch ist der gebürtige Wigoltinger mit seinen beiden Brüdern dem Vater, Konrad Isenring, welcher Küfer war, oft bei seiner Arbeit zur Hand gegangen. Und so war der sehr vitale Senior am Sonntagvormittag im Wigoltinger Ortsmuseum in der Lage, rund 20 staunenden Menschen eine Einführung in ein Handwerk zu geben, dass heute kaum einer mehr kennt. Kein Wunder, wenn heute die „grösste“ inländische Küferei gerade einmal vier Angestellte und einen Lernenden beschäftigt. „Als mein Vater noch Küfer war, hat es rundherum viele Landwirte gehabt, die regelmässig neue Fässer brauchten oder bei ihm flicken liessen. Denn damals hatte jeder Bauer noch eigenen Most im Keller“, erinnert sich Isenring. Dennoch sei schon damals die Küferei ein hartes Brot gewesen, weshalb die Familie im Nebengewerbe noch ein wenig Land bewirtschaftet habe.

Vom täglichen Gang

Erinnerungen sind es, welche wohl manch einem der Besucher, entgegentreten, wenn sie die Ausstellung im Untergeschoss des „Chürzi“ besichtigen. In insgesamt zehn Berufsfelder – nämlich Kaminfeger, Schneiderei, Buchdruckerei, Käserei, Polsterer/Sattler, Schreiner/Zimmerer, Schmiede, Schuhmacher, Baumeister und Küferei – ist die Ausstellung gegliedert. Dabei kommt die Exhibition ohne viele Worte aus. Vergleiche zwischen heute und einst werden einem nicht aufgedrängt. Auch sind die Informationen zu einzelnen Ausstellungsobjekten spärlich gesät. Die Ausstellung ist also nicht in erster Linie dazu da, um Wissen zu vermitteln, sondern soll ganz unprätentiös aufzeigen, wie das Leben vieler Wigoltinger vor nicht allzu langer Zeit seinen täglichen Gang ging. Man schaut die Objekte an und – lässt sie ganz einfach auf sich wirken. Die Ausstellung ist noch bis und mit dem 13. November jeweils am Sonntag zwischen 14 und 17 Uhr geöffnet; der Eintritt ist gratis.

Kasten:

Kurts Krähe klaute Klammern

Kurt Isenring wusste auch schöne Anekdoten aus seiner Kindheit zu erzählen. Er habe damals Krähen dressiert, indem er diese aus den Nestern holte und abrichtete. Beim „Esel-Walter“, einem Dorforiginal, habe seine Krähe immer die Klammern von der aushängenden Wäsche entfernt. Ungern erinnerte er sich hingegen an die Putzarbeiten, die er, zusammen mit seinen Brüdern, in den grossen Wirtshausfässern verrichten musste. Das gehörte quasi zum Unterhalt. „Wir haben uns dann durch eine kleine Türe rein gequetscht und dann die Fasswände geschrubbt“. Bevor es aber an die Arbeit ging, wurde immer zuerst eine brennende Kerze ins Fass gestellt. „Wir mussten schliesslich sicher sein, dass auch genug Sauerstoff im Fass war“, so Isenring. (art.)