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Als sich Adolf Ogi im Weissen Haus betrank

Freitag, 8. Januar 2016

AMRISWIL. Alt Bundesrat Adolf Ogi verriet am Neujahrsapéro der Thurgauer Kantonalbank (TKB) sein Erfolgsrezept als Mitglied der Regierung: «Man muss Menschen mögen – und genau das habe ich mir bei der Führung auf die Fahnen geschrieben.» CHRISTOF LAMPART

Adolf Ogi gehört zu jenen Menschen, denen man gerne zuhört, auch wenn sie politisch schon lange nicht mehr am Ruder sind. Das zeigte sich auch am Montagabend im mit 400 Frauen und Männern gefüllten Pentorama. Denn der mittlerweile 73jährige Sohn eines Skilehrers aus Kandersteg gab sich im Thurgau humorvoll, bodenständig und bescheiden, wobei er seine Ansichten übers gelungene Führen immer wieder mit Anekdoten aus seinem langen Politikerleben anreicherte. TKB-CEO Heinz Huber bezeichnete Ogi als bürgerlichen Politiker, der durch und durch authentisch sei. Das selbe treffe eben auch auf die TKB zu.

«Dolf, you can stay here»

Er habe immer den direkten und natürlichen Kontakt zu den Leuten gesucht – egal ob sie nun ein Stift oder ein Staatsmann waren. Es seien gerade diese persönlichen, mit menschlicher Wärme geführten Gespräche gewesen, die ihm viele wertvolle Kontakte und der Schweiz einige Vorteile gebracht hätten. Seinem Parteikollegen und neu gewählten Bundesrat Guy Parmelin gab er den Tip, diese ebenfalls zu pflegen, denn nur so könne man die Schweiz in Europa, im globalen Mächtespiel auch heute noch erfolgreich positionieren.

Wie das unkonventionell gehen könne, erklärte er am Beispiel von Bill Clinton. «Bei einem Empfang im Weissen Haus war ich als damaliger Vizepräsident des Bundesrates der Rangniedrigste unter lauter Staatspräsidenten. Also stand ich, nach Protokoll, auch als Letzter auf der Liste, als es darum ging, nach Hause gefahren zu werden. Als ich gehen wollte, sagte Bill Clinton: <Dolf, you can stay here.> Ich habe mich in dieser Nacht zum Wohle der Schweiz betrunken.» Die Beziehungen zur Clinton-Administration seien die ganze Zeit hervorragend gewesen. Und auch der Draht zu Mitterrand und Chirac war vordergründig zwar formell, privat jedoch hervorragend. «Ich bin manchmal übers Wochenende nach Paris und habe mich mit dem Präsidenten besprochen, ohne dass davon jemand etwas wusste.»

Er selbst habe gewiss nicht immer alles richtig gemacht, doch sei sein Handeln stets davon geleitet gewesen, der Schweiz dienen zu wollen. Als durch und durch bürgerlich Denkender habe er «nie verwalten, sondern stets gestalten wollen».

Die 150 Pfeifen des Otto Stich

Auch auf seine Kämpfe mit dem Finanzminister und SP-Mann Otto Stich über die finanzielle Realisierbarkeit der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (Neat) kam er zu sprechen. «Jedes Mal, wenn der Otto richtig hässig war, hat er sich am nächsten Morgen eine Pfeife gekauft. Er hat Bern mit 150 Pfeifen im Gepäck verlassen». Dass es zwischen den beiden Alphatieren des Öfteren krachte, habe aber auch in der Natur der Sache gelegen, denn «der Otto musste zu den aktuellen Finanzen schauen, ich aber hatte bei den Verkehrsprojekten einen ganz anderen Zeithorizont». Dabei sei ihm jedoch auch manchmal sein eigener, sportlicher Ehrgeiz in die Quere gekommen: «Bei mir musste es immer schnell gehen.»

Ein Kristall für Bill

Ogi betonte, dass er ohne ein funktionierendes Departement diese Erfolge nie hätte feiern können. «Ich habe zwar als Chef die Tore geschossen, aber ohne Assistsgeber hätte ich nichts erreichen können.» Er wisse nicht, wie viele Mutschlis und Bergkristalle er an seine Mitarbeiter verschenkt habe, aber «sie waren stets verdient und gut investiert». Auch Bill Clinton erhielt einen Bergkristall für seine Verdienste um den Frieden. Ganz im Gegensatz zu Georg W. Bush, denn «der hat den Krieg in Irak angefangen», so Ogi.