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Adventskonzert der Kontraste

Mittwoch, 19. Dezember 2012

Mit einem abwechslungsreichen Konzert stimmte der Belcanto-Chor Frauenfeld auf Weihnachten ein. Im Mittelpunkt stand die Bolivianische Messe.

CHRISTOF LAMPART

FRAUENFELD. «Navidad Andina» – unter diesem Motto stand das samstägliche Konzert der über 40 Sängerinnen und Sänger des Belcanto-Chores in der evangelischen Kirche Kurzdorf. Es war bereits die dritte von vier Aufführungen in dieser Adventszeit.

Das Publikum – das Gotteshaus war mit über 150 Personen sehr gut gefüllt – bekam also einen Chor zu Gehör, der mit diesem Programm schon eine beachtliche Routine aufwies und diese im Vortrag auch positiv umsetzte.

Während der erste Teil, der aus mehr oder weniger bekannten Advents- und Weihnachtsliedern bestand, rein vokal war, kam bei der Bolivianischen Messe von Juan Arnez noch ein kleines Ad-hoc-Instrumentalensemble hinzu, das sich aus Roger Geiser (Perkussion und Schlagzeug), Corinne Wattinger (Akkordeon), Susi Geiges, Mägi Schweiwiler (beide Panflöte) und Sebastian Janisch (Gitarre) zusammensetzte. Die musikalische Gesamtleitung oblag René Aebi, der den Belcanto-Chor mittlerweile seit 15 Jahren leitet.

Stimmliche Leichtigkeit

Diese Vertrautheit zwischen Dirigent und Chor manifestierte sich im Ausdruck, im feinen Gesamtklang, in der exquisiten Austarierung der Stimmen. Dies alles machte schon aus so herkömmlichen, modernen Weihnachtsklassikern wie «Jingle Bells», «On The First Day Of Christmas» oder «Leise rieselt der Schnee» hörenswerte Kleinode vorweihnachtlicher Besinnlichkeit. Dabei gab sich Aebi nicht damit zufrieden, die Lieder einfach korrekt wiederzugeben, sondern er überraschte mit ungewohnten Anfängen und Wechseln in den Stimmen.

Der Dirigent vermochte dem Chor eine stimmliche Leichtigkeit zu entlocken, die sich ganz famos auf die Stimmung der Zuhörerschaft übertrug.

Schroffer Kontrast

Absolut hörenswert, auch wenn die Rhythmen und die Instrumentalisierung ungewohnt waren, war auch das Hauptwerk des Abends, die «Navidad Andina».

In dieser Messe vertonte der 1950 in eine Bauernfamilie hineingeborene Komponist und Musiker Juan Arnez nicht primär die biblische Geschichte, sondern das «Gefühl» beziehungsweise den entbehrungsreichen Alltag vieler Bolivianer. Im Teil «Die fünf Könige» werden zum Beispiel nicht in erster Linie die geschenkebringenden Weisen aus dem Morgenland besungen, sondern das, was den «schwarzen, dunkelhäutigen Mischling mit zerknitterten Gesichtchen» dereinst erwartet, nämlich «Nägel, Kreuz und Dornen». Und in «Schuhputzerweihnacht» wird geschildert, was Weihnachten für den kleinen Schuhputzer bedeutet: Er muss das Brot für heute und morgen verdienen.

Diese nüchterne Betrachtung bildete einen scharfen, möglicherweise heilsamen Kontrast zum ersten Programmteil – und auch zu dem, was Weihnachten in unseren Breitengraden für manche geworden ist: ein familiäres Konsumfest mit religiösem Anklang.